Zerstörungsfreie Messmethode für Tiefenschädigungen

Bei der European Society for Precision Engineering and Nanotechnology-Konferenz (euspen) werden jährlich die neuesten Fortschritte in den Bereichen der Präzisions-, Mikro und Nanotechnologie präsentiert. Dieses Jahr wurde Lukas Schwörer, Doktorand des Zentrums für Optische Technologien (ZOT) der Hochschule Aalen, mit dem „Best Oral Presentation Award“ ausgezeichnet. Thema war die Optische Kohärenztomographie als industrielle Messmethode. 

ZOT-Doktorand Lukas Schwörer legt eine Materialprobe ein, um Licht auf die Probe zu lenken und dadurch detaillierte Informationen der inneren Strukturen zu erhalten. Foto: © Hochschule Aalen | Nina Schaible

 

Licht statt Schall

Die Optische Kohärenztomographie (OCT) ist eine bildgebende Methode, ähnlich wie Ultraschall, nur dass sie Licht anstelle von Schallwellen verwendet. Dabei wird ein spezielles Licht beispielsweise in Gewebe gesendet. Ein Teil dieses Lichts wird von den verschiedenen Gewebeschichten reflektiert. Diese reflektierten Lichtsignale werden aufgefangen und analysiert, um ein detailliertes Bild von den Strukturen im Inneren zu erzeugen. So kann man zum Beispiel in der Augenheilkunde sehr genau die verschiedenen Schichten der Netzhaut betrachten, ohne einen invasiven Eingriff vornehmen zu müssen. Dabei ist die OCT rund zehnmal genauer als Ultraschall. Zu diesem Thema forscht Lukas Schwörer, Doktorand am Zentrum für Optische Technologien (ZOT) der Hochschule Aalen. Den aktuellen Stand seiner Forschung stellte er jüngst bei der internationalen euspen-Konferenz in Dublin vor und wurde dafür nun mit dem „Best Oral Presentation Award“ ausgezeichnet.

Werkstudent bei Zeiss

Lukas Schwörer studierte zunächst Mechatronik im Bachelor sowie Systems Engineering im Master an der Hochschule Aalen und arbeitete parallel als Werkstudent im Bereich Glasbearbeitung bei Zeiss. „Dort gab es keine zerstörungsfreie Messmethode für Tiefenschädigung. Das OCT-Verfahren war zwar bekannt, aber noch nicht bei Zeiss etabliert, bevor wir dies angegangen sind“, so der 28-Jährige. Prof. Dr. Rainer Börret, Dekan der Fakultät Optik und Mechatronik sowie ZOT-Arbeitsgruppenleiter „Optik-Technologie und Robotik“, betreute Schwörers Abschlussarbeiten und pflegte die Verbindung zum Zeiss-Gruppenleiter Lutz Autschbach, sodass nach der Masterarbeit zu diesem Thema die Promotion folgte.

„subsurface damage“

Das OCT-Verfahren wird hauptsächlich in der Augenheilkunde eingesetzt, um detaillierte Bilder von der Netzhaut zu erhalten. Es hilft dabei, Erkrankungen wie Grüner Star, Makuladegeneration oder eine durch Diabetes hervorgerufene Schädigung der Netzhaut zu diagnostizieren und zu überwachen. Auch in der Industrie findet das Verfahren seine Anwendung. So forscht Schwörer zu „subsurface damage“, also Schäden knapp unter Oberfläche eines Materials. Diese treten insbesondere bei der Bearbeitung fester Materialien wie beispielsweise Glas auf. Schwörer: „Beim Schleifen oder Polieren können minimalen Risse entstehen, die unter dem Mikroskop nicht sichtbar sind. Für Laseroptiken müssen diese Schäden entfernt werden, eigentlich durch eine optische Politur – die aber sehr lange dauert und bei der eine Überprüfung notwendig ist.“ Anhand der durch das OCT-Verfahren generierten 3D-Bilder werden die Oberfläche sowie Schädigungen deutlich. So könne man den exakten notwendigen Abtrag für die Endpolitur bestimmen. „Unser Aufbau“, sagt Schwörer, „kann sich weltweit bezüglich Tiefenauflösung mit anderen Methoden messen und ist deshalb für die Optische Industrie sehr interessant.“

Quelle: Hochschule Aalen

Präsentation erster Ergebnisse auf der POM24 - Round-Robin-Test zur SSD-Messung in ZERODUR® mittels OCT

Beim 11. Seminar on precision optics manufacturing (POM) in Teisnach konnten erste Ergebnisse eines Round-Robin Tests zur SSD-Messung an ZERODUR® präsentiert werden.
Lukas Schwörerer von der Hochschule Aalen und Samson Frank von der Ernst-Abbe-Hochschule Jena stellten Messergebnisse verschiedener optische Kohärenztomographie- (OCT-) Systeme vor und verglichen diese mit einer destruktiven Referenzmethode der Firma SCHOTT AG. Das Thema stieß auf großer Interesse im Auditorium in der anschließenden Diskussion.

Neue Ergebnisse mit OCT auf der EOSAM2023

Selbst ein temporärer Stromausfall hielt die Teilnehmer der EAH Jena auf der EOSAM2023 in Dijon nicht davon ab, aktuelle Forschungsergebnisse zu präsentieren. So präsentierte Samson Frank erste spannende Ergebnisse einer zerstörungsfreien Messmöglichkeit von Risstiefenschädigungen bei Ultrakurzpuls-Laserprozessen basierend auf optischer Kohärenztomographie: Investigation on Subsurface Damage Patterns in Ultrashort Pulse Laser Machining of Glass using Optical Coherence Tomography, DOI: 10.1051/epjconf/202328705024

Messe W3+ Fair 2023 in Jena

Am 29. und 30. November 2023 fand die Messe W3+ Fair erstmalig in Jena in der Sparkassenarena statt. Dabei präsentierten sich rund 160 Austeller aus den Branchen Optik, Photonik, Elektronik & Mechanik den über 2000 Fachbesucherinnen und -besuchern. Auf der Campus-Area zeigte auch die AG Bliedtner auf einem Stand diverse aktuelle Forschungsthemen und Exponate aus Bereichen wie dem 5-Achs CNC-Schleifen komplexer Glasbauteile, dem Ultra-Feinstschleifen, der Laserstrahlpolitur, der UKP-Bearbeitung oder dem selektiven Lasersintern von Glaspulvern. Auch aktuelle Forschungsprojekte wie MoKI-pro wurden interessierten Gästen vorgestellt. Die Messe bot eine sehr gute Gelegenheit, um sich mit dem Fachpublikum auszutauschen, bestehende Kontakte zu pflegen und neue Kontakte für FuE-Aufgaben zu knüpfen. Auch Gäste wie der Thüringer Ministerpräsident und der Jenaer Oberbürgermeister zeigten sich interessiert an den vielfältigen Forschungsthemen.

     

Projekt-Kick-Off für “MoKI-pro”: Modell- und KI-unterstützte Produktionsprozesse

Die Ernst-Abbe-Hochschule (EAH) Jena, die Technische Hochschule Deggendorf (THD) und die Hochschule Aalen (HSA) bauen im Rahmen des durch das BMBF-geförderten Programms „FH-Kooperativ“ gemeinsam mit einem Projektkonsortium aus 28 Partnern ihre Kooperation auf dem Gebiet der digitalisierten und vernetzten Optikfertigung weiter aus. Mit einem hybriden Kick-Off an der EAH in Jena unter zahlreicher Teilnahme der Forschungs-, Netzwerk- und Industriepartner ist das auf vier Jahre angelegte Projekt mit wertvollen Impulsen aus der Industrie gestartet.

Kernziel des Projektes ist die umfangreiche Digitalisierung, Charakterisierung und Modellierung der verschiedenen Stufen des Optikfertigungsprozesses vom Schleifen bis hin zum Polieren. Hierfür werden große Mengen Daten von Firmen und Forschungspartnern auf einem zentralen Big Data Cluster gesammelt und mit Datenanalysemethoden ausgewertet. Um aussagekräftige Informationen über die Prozesse zu erhalten, wird die Sensorik und Messtechnik entlang der Optikfertigungskette ausgebaut und weiterentwickelt. Unter anderem entstehen Tools, basierend auf Acoustic Emission Monitoring und hochauflösender Optischer Kohärenztomographie (OCT) für eine zerstörungsfreie Prüfung optischer Komponenten. Bei einer erfolgreichen Überführung dieser Messverfahren in die industrielle Anwendung soll eine bessere qualitative Überwachung der Produktionsprozesse möglich werden. Oberflächenunvollkommenheiten, wie feinste Risse und Defekte im oberflächennahen Bereich, die während der Optikfertigung entstehen, können so künftig besser erkannt werden, was eine nachhaltigere Produktion ermöglicht.

Durch den Ausbau der Sensor- und Messtechnik wird eine tiefgehende Analyse der komplexen Fertigungsprozesse ermöglicht. Entstehendes Prozess-Know-How und Analyse-Tools sind Voraussetzung für die Adressierung steigender Qualitätsanforderungen in der Optikfertigung für Anwendungen in Halbleiterherstellung, Telekomunikation, Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt und weiteren Branchen des Technologiestandorts Deutschland.

Die Ernst-Abbe-Hochschule Jena koordiniert das Projekt und wird in diesem Rahmen mit insgesamt 657.000 € gefördert. Inhaltliche Schwerpunkte zu den Themen Big Data, Optiktechnologie und Optische Kohärenztomographie werden an der EAH Jena durch ein interdisziplinäres Forschungsteam von Prof. Dr. Christian Erfurth (Fachbereich Wirtschaftsingenieurwesen) und Prof. Dr. Jens Bliedtner (Fachbereich SciTec) adressiert.

Projektkoordination: Prof. Dr. Jens Bliedtner

Weitere Informationen:

www.ag-bliedtner.de

http://www.openlab-for-oct.de

http://www.eah-jena.de